Kontakte von Gorillas und Schimpansen
Kategorien: Ausgabe 66, Verhalten, Sonstige Länder, Sonstige Schutzgebiete, Westliche Flachlandgorillas
Gorillas teilen ihre Lebensräume meist mit Schimpansen, doch nur in wenigen Gebieten sind beide Arten habituiert und direkte Beobachtungen zum Zusammenleben beider Arten möglich. Man vermutete bisher, dass vor allem Wettbewerb und Konkurrenz die Beziehung zwischen den Arten charakterisieren, was zu Vermeidungsstrategien und direkter Nahrungskonkurrenz führte.
Eine Auswertung von 33 zwischenartlichen Interaktionen in 8 Gebieten, die zwischen 1966 und 2020 publiziert wurden, ergab Folgendes: In Westafrika sind Kontakte von Gorillas und Schimpansen wahrscheinlicher als in Ostafrika, da die Gorillas dort mehr Früchte verzehren und dabei mehr Zeit in unmittelbarer Nähe zu Schimpansen verbringen. In Ndoki etwa hielten sich beide Arten gleichzeitig in den Kronen von Bäumen auf. Forscher in Gabun beschrieben dagegen zwei tödliche Schimpansen-Attacken auf junge Gorillas (siehe Gorilla-Journal 63).
Crickette Sanz und ihre Ko-Autoren sahen zwischen 1999 und 2020 im Goualougo-Dreieck im Ndoki-Wald der Republik Kongo 285 Interaktionen zwischen Gorillas und Schimpansen. Forscher, die dort bestimmte Schimpansen begleiteten, sahen 206 Kontakte zwischen den beiden Arten. Nach diesen Beobachtungen reagierten beide Arten auf die Warnrufe der jeweils anderen Art. Es gab zwar keine Angriffe, wohl aber Drohungen und aggressive Auseinandersetzungen. Trotzdem entfernten sich jugendliche Gorillas regelmäßig bis zu 300 m von ihrer Gruppe, um sich zu Schimpansen zu gesellen, statt die schützende Nähe des Silberrückens zu suchen. Rund ein Drittel der Kontakte fand bei der Nahrungssuche statt und über 60 % an Feigenbäumen, obwohl diese Bäume dort extrem rar sind.
Die Interaktionen der beiden sympatrischen Arten sind also wesentlich vielfältiger als bisher angenommen. Manche Tiere pflegten Beziehungen über Jahre hinweg und die meisten Begegnungen waren tolerant oder sogar freundlich. Jungtiere beider Arten kletterten etwa gemeinsam in die Kronen von Nahrungsbäumen oder fraßen die herunterfallenden Früchte. Andere tollten herum oder spielten mit ausgewählten Partnern. Diese soziale Dynamik verliert sich allerdings bei Erwachsenen.
Möglicherweise variieren die Interaktionen zwischen Menschenaffen in Abhängigkeit davon, wo in den Streifgebieten sie stattfinden. Beide Arten haben Kerngebiete, die von peripheren Zonen umgeben sind. Letztere werden seltener besucht und tendenziell kommt es hier eher zu aggressiven Auseinandersetzungen als in Kerngebieten.
Zwischenartliche Kontakte können auch Nachteile haben: Durch physische Kontakte beim Spielen, Kämpfen oder bei sexuellen Interaktionen können Krankheiten übertragen werden, allerdings auch durch Früchte, die mit Speichel oder Fäkalien verunreinigt sind.
Sympatrische Arten: Bei diesen Arten überschneiden sich die Verbreitungsgebiete, sie können sich also begegnen (und in manchen Fällen auch kreuzen).
Zusammenfassung von:
Sanz, C. M., Strait, D., Eyana Ayina, C., Massamba, J.-M., Ebombi, T. F., Ndassoba Kialiema, S., Ngoteni, D., Mbebouti, G., Rostand Koni Boue, D., Brogan, S., Funkhouser, J. A., Morgan, D. B. (2022): Interspecific interactions between sympatric apes. iScience 25, 105059