Wolfgang Ettel: Jomba 1998
Kategorien: Ausgabe 16, Reiseberichte, D. R. Kongo, Virunga-Nationalpark, Mikeno-Sektor, Berggorillas
Im Rahmen meiner Uganda-Reise im Februar 1998 war es ursprünglich vorgesehen, die Gorillas im Bwindi-Impenetrable-Nationalpark zu besuchen. Nur noch eine habituierte Gruppe konnte besucht werden und die war logischerweise total überbucht. Unser ugandischer Reiseveranstalter wich deshalb in den Kongo aus. Da er in Entebbe erst unsere Pässe einsammeln konnte, um das notwendige Visum zu beantragen, haben wir den Gorillabesuch auf die letzten Tage der Reise verlegt.
Ausgangspunkt für den Besuch war das Skyblue-Motel in Kisoro. Da unser Fahrer mit seinem Fahrzeug nicht über die Grenze durfte, wurden wir dort abgesetzt und warteten (wie üblich) erst einmal, bis die Grenzbeamten erschienen. Wir wurden eigentlich freundlich empfangen, kurz der Rucksack durchgecheckt, die üblichen Papiere mit reichlich Stempeln ausgefüllt, und dann konnten wir endlich "verladen" werden. Das Auto war aus Goma angefordert worden, vorgesehen war der Besuch der Djomba-Gorillas.
Auf typisch kongolesischer Stein-Rüttelpiste ging es im total überladenen Kombi (13 Personen) etwa 11 km bis zum Ausgangspunkt der Gorillatour. Dabei fiel mir unterwegs schon auf, wie dicht das Land am Rand der Piste besiedelt war - eine Hütte neben der anderen, und dann die vielen Kinder ... mit ausgestrecktem Arm. Wenn sie auch sonst nichts auf Englisch konnten, eines hörte man immer wieder: "give me money". Am Ende der Fahrt lauerte schon ein halbes Dorf auf uns, jeder wollte seinen Holzstock für 1 $ verkaufen, gleich drei Jugendliche wollten meinen Rucksack tragen. Es kam zu regelrechten Prügeleien um die Touristen, ein Zustand, den ich sehr bedenklich finde. Die Kinder in Kongo betteln aggressiver als die in Uganda, die eher scheu und zurückhaltender gegenüber Fremden sind. Auch auf dem Anstieg zur Wildhüterstation liefen Kinder aller Altersklassen neben uns her; hoch im Kurs standen dabei alte Zaire-Banknoten mit Mobutus Konterfei, die die Kinder für 1 $ das Stück an die Besucher verkauften! Zum Glück mussten ab der Wildhüterstation alle Kinder zurückbleiben, nur die Rucksackträger durften weiter mitgehen.
In Djomba soll es drei habituierte Gorillagruppen geben: ein Pärchen in ca. 30 Minuten Entfernung zur Station, eine Gruppe mit 12 Tieren, die wir besuchten, etwa 2 Stunden entfernt, und die größte Gruppe mit 14 Tieren ca. 4 Stunden entfernt (zum damaligen Zeitpunkt). Unsere Gruppe bestand aus den sechs DUMA-Reisenden und zwei Dänen, dazu kamen dann ein Pistenschläger, der Fährtensucher und der Führer sowie drei bewaffnete Wildhüter. Mir war dies eigentlich schon zu viel, denn im Wald ergibt sich ein regelrechtes Gedränge, man steht sich beim Fotografieren oder Filmen (für eine Videokamera sind 25 $ extra zu bezahlen) gegenseitig im Weg.
Erst wanderten wir etwa 1 Stunde an den dicht am Nationalpark liegenden Feldern mit Süßkartoffeln vorbei, um dann in den Regenwald einzudringen. Der Fährtensucher folgte dem Weg vom Vortag, sodass wir anfangs gut vorankamen. Nach kurzer Zeit lag schon das erste Schlafnest vor uns mit frischem Kot, und 15 Minuten später stießen wir auf einen Teil der Gruppe, zuerst ein Jungtier, das auf einen Baum geklettert war. Zwei bis drei Weibchen kletterten vor uns her und verschwanden wieder im Gebüsch. Nachdem der Pistenschläger einen kleinen Platz freigemacht hatte, wo wir alle stehen oder sitzen konnten, nutzte ein Gorilla den freigehauenen Pfad und kroch einfach zwischen uns durch. Rund 2 m vor mir legte sich Pili-Pili auf den Rücken und schaute uns vertrauensselig an. Nach Aussage des Führers war es ein achtjähriges Weibchen, das immer zu Späßen aufgelegt war und auch ab und zu nach ihm griff. Wir konnten es ausgiebig fotografieren, andere Gorillas ließen sich allerdings nicht mehr sehen, auch kein Silberrücken.
Nach der üblichen Stunde traten wir den Rückweg an, beeindruckt von dem Erlebnis. Unterwegs trafen wir noch drei von Kabilas Kindersoldaten mit ihren Kalaschnikows und Phantasie-Uniformen. Interessanterweise trugen sie Gürtel mit Koppelschlössern aus der Ex-DDR. Sie waren absolut freundlich, man durfte sie sogar fotografieren (für ein Taschenmesser). Überhaupt sah man nicht viel vom Krieg in Kongo, an der Grenzstation ein paar Einschläge, ansonsten scheint in Djomba alles in Ordnung geblieben zu sein. Erst auf der Rückfahrt kam die übliche Regenwalddusche.
Wolfgang Ettel