Wenn Silberrücken streiten
Kategorien: Ausgabe 55, Krankheiten, Verhalten, D. R. Kongo, Ruanda, Uganda, Kahuzi-Biega, Bwindi, Mikeno-Sektor, Vulkan-Nationalpark, Östliche Gorillas, Gorilla Journal
... verletzen sie sich oft schwer. Mit ihren langen Eckzähnen können sie dem Gegner tiefe Wunden zufügen. Doch im Laufe der letzten 30 Jahre beobachteten die Gorilla Doctors häufig, dass die mächtigen Gorillamänner sich oft erstaunlich gut erholten und die Tierärzte gar nicht eingreifen mussten. Nach einem Kampf mit Verletzten besuchen sie die betroffene Gruppe aber immer wieder, um nach den Wunden zu sehen und sie bei Bedarf zu versorgen - bis sie ganz verheilt sind.
Kürzlich fand eine Auseinandersetzung zwischen Kakono und Rurehuka von der Bweza-Gruppe im Bwindi-Impenetrable-Nationalpark statt. Dabei erlitt der dominante Silberrückenmann Kakono mehrere schwere Verletzungen, der zweitrangige Silberrücken Rurehuka oberflächliche Verletzungen am Rücken. Der Tierarzt Fred Nizeyimana von den Gorilla Doctors Uganda besuchte die Gruppe und sah, dass alle friedlich beim Fressen waren: die Silberrückenmänner am Boden, die anderen Gruppenmitglieder auf Bäumen. Auch wenn seine Position gerade in Frage gestellt worden war, hatte Kakono die volle Kontrolle in der Gruppe. Er wies zwei große Wunden am Kopf auf, eine an der Schulter und eine am Handgelenk. Alle waren sauber und heilten bereits, ebenso wie Rurehukas Rückenverletzung.
Zu Verletzungen zwischen Silberrückenmännern kommt es meist, wenn ein untergeordneter Mann den Gruppenleiter herausfordert. In den letzten 5 Jahren gab es im Kongo mehrere solcher Fälle, die zur Spaltung habituierter Berggorilla- und Grauergorillagruppen führten. So kämpfte im Virunga-Park der junge Bageni regelmäßig mit dem Gruppenleiter Kabirizi. Diese Kämpfe griffen Bagenis Gesundheit stark an. Kabirizi gestattete ihm schließlich, einige Gruppenmitglieder um sich zu scharen, bis die Gruppe im Februar 2013 auseinanderbrach: Bageni nahm 20 der 36 Gruppenmitglieder mit, darunter die meisten Frauen. Heute hat seine Gruppe 29 Mitglieder. Kabirizi wird auch weiterhin von anderen Männern seiner Gruppe herausgefordert.
Der Silberrückenmann Nyakamwe kämpfte regelmäßig mit Humba, bis sich die Gruppe im März 2014 aufspaltete. Inzwischen wird der dominante Humba von dem jungen Mahindure herausgefordert.
Die Gorilla Doctors haben bei Gorillamännern Verletzungen von tiefen bis zu oberflächlichen Bisswunden und Knochenbrüchen beobachtet und behandelt. Immer wieder sind diese erstaunlich gut verheilt. Doch leider sterben auch Tiere an ihren Verletzungen. So kämpften 2012 Langa und Ganywamulume im Kahuzi-Biega-Nationalpark. Langa war schon älter und wurde bei der Auseinandersetzung schwer verletzt. Als die Tierärzte ihm eine Infusion gaben, bemerkten sie zahlreiche Narben von früheren Kämpfen. Trotz der Behandlung starb Langa an seinen Verletzungen. Ein anderer Fall war Jeshi im Virunga-Nationalpark, der 2011 mit den Einzelgängern Mukunda und Karateka kämpfte. Seine tiefen Wunden waren bereits infiziert, als ihn die Tierärzte behandelten, und er starb bald darauf.
Gorilla Doctors
Die Gorilla Doctors (ursprünglich Mountain Gorilla Veterinary Project) wurden in den 80er-Jahren von Ruth Keesling in Zusammenarbeit mit Dian Fossey gegründet. Sie arbeiten in Ruanda, Uganda und der Demokratischen Republik Kongo.
Die Gorilla Doctors greifen nur dann ein, wenn eine Krankheit oder Verletzung von Menschen verursacht wurde (z. B. Wilderern) oder wenn die Tiere in Lebensgefahr sind. Ein medizinischer Eingriff ist sehr belastend für die ganze Gruppe.
Insgesamt gibt es durchschnittlich 10 Verletzungen bei Silberrückenmännern im Jahr, doch nur eine oder zwei müssen behandelt werden.