Ernährung und Lebensgeschichte weiblicher Gorillas

Kategorien: Ausgabe 67, Ökologie, Ruanda, Uganda, Sonstige Länder, Bwindi, Vulkan-Nationalpark, Sonstige Schutzgebiete, Berggorillas, Westliche Flachlandgorillas

Mutter mit Nachwuchs in der Mishaya-Gruppe, Bwindi (© Wolfram Rietschel)

Die Lebensräume der Gorillas sind sehr unterschiedlich, auch das Nahrungsangebot und die Distanzen, die sie täglich zurücklegen. So leben die Berggorillas der Virunga-Vulkane in einem Habitat mit dichter krautiger Vegetation, aber sehr wenigen Früchten. Sie können ihren Energiebedarf leicht decken, ohne sich viel bewegen zu müssen. Ihre Nachbarn im Bwindi-Nationalpark haben etwas weniger krautige Pflanzen zur Verfügung; ihre Nahrung besteht zu 15 % aus Früchten und sie wandern weitere Strecken. Noch größere Unterschiede bestehen zwischen Berggorillas und Westlichen Flachlandgorillas. In deren Lebensraum gibt es wenig Unterwuchs und sie ernähren sich zu etwa 30 % von Baumfrüchten, müssen also täglich längere Wege zwischen weit verstreuten Bäumen zurücklegen.

Was bedeuten die Unterschiede bei Kalorienzufuhr und Energieverbrauch für die Lebensgeschichte (life history) der Gorillas? Führen Unterschiede bei Lebensraum, Ernährungsweise und Bewegungsmustern zu verschiedenen Fortpflanzungsstrategien? Die Virunga-Gorillas haben offenbar die günstigste Energiebilanz, die Westlichen Flachlandgorillas (in diesem Fall von Mbeli Bai) die ungünstigste.

In unserer Studie verglichen wir lebensgeschichtliche Merkmale weiblicher Gorillas der drei oben genannten Populationen. Dabei nutzten wir für jedes Gebiet Daten aus der Beobachtung von über 300 Individuen über eine Zeit von mehr als 25 Jahren.

Die Virunga-Gorillas sind am schnellsten geschlechtsreif und haben die höchste Reproduktionsrate. Bei den Bwindi-Gorillas sind die Abstände zwischen den Geburten ein Jahr länger als bei den Virunga-Gorillas. Die jungen Frauen verlassen ihre Geburtsgruppe bei den beiden Populationen in einem ähnlichen Alter, und auch bei der ersten Geburt und der Kindersterblichkeit liegen sie ähnlich. Die Mbeli-Bai-Gorillas sind bei der ersten Geburt älter als die Berggorillas. Ihre Geburtenabstände ähneln denen in Bwindi, sind jedoch länger als die der Virunga-Gorillas. Einzig das Alter beim ersten Gruppenwechsel ist bei allen Populationen ähnlich.

Offenbar gibt es eine große Streuung bei den lebensgeschichtlichen Merkmalen, die wir untersucht haben. Die Spannbreite bei der Energieversorgung ist am höchsten bei den Westlichen Flachlandgorillas und am geringsten bei den Virunga-Gorillas. Die Studie legt nahe, dass die Population der Westlichen Flachlandgorillas langsamer wächst als die der Berggorillas und die in Bwindi langsamer als die auf den Virunga-Vulkanen.

Martha M. Robbins

Originalveröffentlichung:
Robbins, M. M., Akantorana, M., Arinaitwe, J., Breuer, T., Manguette, M., McFarlin, S., Meder, A., Parnell, R., Richardson, J. L., Stephan, C., Stokes, E. J., Stoinski, T. S., Vecellio, V. & Robbins, A. M. (2023): Comparative Life History Patterns of Female Gorillas. American Journal of Biological Anthropology 181, 564-674