Neues aus der Gorilla-Genetik
Kategorien: Systematik, Mensch & Gorilla, Gorilla-Arten
Die Sequenzierung des Gorilla-Genoms erbrachte unerwartete Ergebnisse. Bisher nahm man an, dass Mensch und Schimpanse einen jüngeren gemeinsamen Vorfahr haben als die beiden Gattungen mit dem Gorilla. Eine neue genetische Studie, die jetzt in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde, stellt diese These in Frage. Die Genetiker stellten fest, dass diese Sichtweise für 70% des Genoms zutrifft – aber nicht für den Rest. In 30% des Genoms Westlicher Flachlandgorillas sind die DNA-Sequenzen den entsprechenden Sequenzen von Menschen oder Schimpansen ähnlicher als die Sequenzen von Schimpansen und Menschen es sich sind. Dafür sind zwei Erklärungen möglich. Die erste ist eine unvollständige Aufteilung der Linie; wenn eine Evolutionslinie sich teilt, können die Genvarianten durch Zufall unterschiedlich verteilt werden, und die beiden dabei entstandenen Linien haben dann verschiedene Genvarianten. Die andere mögliche Erklärung ist Genfluss; die Teilung der Linie ist oft nicht sofort vollständig, sondern einzelne Tiere wechseln noch einige Zeit zwischen den Tochterpopulationen.
Aus den Ergebnissen der Genom-Analyse errechneten die Autoren auch neue Zeitangaben für die Teilung der Linien, die zum Menschen/Schimpansen und Gorilla führten und der Teilung der Linie Mensch/Schimpanse: Ihre Schätzung lautet vor 10 bzw. 6 Millionen Jahren (bisher nahm man 6 bzw. 3,7 Millionen Jahre an). Westliche und Östliche Gorillas haben sich nach der Schätzung aus dieser neuen Studie vor 1,75 Millionen Jahren getrennt. Allerdings war die Teilung nicht vollständig; vermutlich gab es noch eine halbe Million Jahre genetischen Austausch zwischen den Populationen.
Zusammenfassung eines Artikels von A. Scally et al. in Nature 483, 169-175 (2012)