Krankheiten, Forschung, Tourismus
Kategorien: Tourismus, Ausgabe 36, Krankheiten, Konflikte, Sonstige Länder
Seit 1979 wird im Taï-Nationalpark, Elfenbeinküste, das Verhalten wildlebender Schimpansen untersucht. Bisher hat man drei Gruppen an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt. Aufgrund vermehrter Krankheitsausbrüche und Todesfälle wurde 2001 das Tai Chimpanzee Health Project gegründet, eine Kooperation zwischen dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig, und dem Robert Koch-Institut, Berlin. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Verhaltensforschern, Veterinären und Infektionsbiologen konnte eine überraschende Vielfalt von Erregern identifiziert werden, z. B. Anthrax (Milzbrand), Herpes oder HTLV.
Zwischen 1999 und 2006 wurden 5 respiratorische Krankheitsausbrüche beobachtet, in deren Folge mindestens 21 Schimpansen verstarben. Neben der Suche nach den Erregern stellte sich die Frage nach dem Ursprung der Krankheit: Zirkulieren die Erreger natürlicherweise innerhalb der Schimpansenpopulation oder wurden sie eingeschleppt?
Daraufhin folgten systematische Untersuchungen. Gewebeproben der Schimpansen wurden positiv getestet auf zwei typische Erreger von Atemwegserkrankungen bei Menschen, das "Respiratory Syncytial Virus" (RSV) und das humane Metapneumovirus (HMPV). Phylogenetische Analysen ergaben, dass die Virusstämme der Schimpansen mit weltweit verbreiteten (pandemischen) Stämmen verwandt waren, die gegenwärtig bei Menschen zirkulieren. Daher dürfte die Übertragung auf die Tiere noch nicht lange zurückliegen. Klinische Beobachtungen und demografische Analysen gaben Hinweise auf frühere Ausbrüche bei den Tieren. Damit wurde erstmals ein direkter Beleg für die Virusübertragung von Menschen auf Menschenaffen gefunden.
Biomonitoring-Daten zeigten jedoch auch, dass Forschung und Tourismus starke positive Effekte für die Menschenaffen haben, da dadurch illegale Wilderei verringert wird: Die Schimpansen-Dichte im Umfeld der Forschungsaktivitäten und an einem nahegelegenen Tourismus-Gebiet war viel höher als im übrigen Park. Dieser schützende Effekt überwiegt eindeutig die Sterblichkeit bei Schimpansen durch den Eintrag menschlicher Krankheitserreger.
Für die Zukunft von Menschenaffen-Tourismus und -Forschung muss daher dringend auf die strikte Einhaltung von Hygiene-Maßnahmen geachtet werden. Diese beinhalten zum einen, dass prinzipiell nur geimpfte (beispielweise gegen Masern, Mumps, Röteln usw.) Personen Zugang zu den Menschenaffen haben sollten. Touristen und Forscher dürfen nur dann in die Nähe der Tiere, wenn sie keinerlei Krankheitssymptome aufweisen. Weiterhin sollten die Einhaltung eines Mindestabstandes und das Tragen eines Mundschutzes obligatorisch sein.
Sophie Köndgen und Fabian Leendertz
Originalveröffentlichung
Köndgen, S. et al. (2007): Pandemic Human Viruses Cause Decline of Endangered Great Apes. Current Biology 18, 1-5