Erdöl und Wald im Kongo
Kategorien: Ausgabe 65, Gefahren, Abbau von Bodenschätzen, D. R. Kongo, Virunga-Nationalpark
Im April 2022 berichtete Greenpeace von Plänen der Regierung der Demokratischen Republik Kongo, Konzessionen zur Ölförderung in einer Auktion zu vergeben. Zusammen mit etlichen anderen Naturschutzorganisationen (z. B. Rettet den Regenwald) rief Greenpeace die Regierung dazu auf, davon Abstand zu nehmen - vor allem, weil diese Konzessionen zum Teil auf dem Gebiet von Nationalparks lagen. Am 25. Juli wurde eine Petition mit über 100 000 Unterschriften an die kongolesische Regierung übergeben.
Diese Auktion für 27 Öl- und 3 Gaskonzessionen fand Ende Juli statt und war auch deshalb ein Schock für viele Naturschützer, weil erst Ende 2021 Präsident Tshisekedi beim Klimagipfel in Glasgow unterschrieben hatte, dass sich der Kongo für Klimaschutz einsetzen würde; mehrere Länder, darunter Deutschland, hatten Unterstützung dafür zugesagt. Diese Gelder sollten aber nicht an die Regierung fließen, sondern über internationale Organisationen direkt in die Schutzprojekte. Die Arbeit und Maßnahmen der Regierung finanzieren sie also nicht - im Unterschied zur Ölförderung.
Anfang September teilte der zuständige Minister mit, dass die Regierung zwei Angebote für Ölkonzessionen erhalten hat.
Die Ölförderung hätte schwerwiegende Folgen für die Wälder und Moorgebiete, in denen die meisten der Konzessionen liegen und die ohnehin unter starkem Druck stehen, aber auch für das weltweite Klima und für die Menschen, die in den betreffenden Regionen leben. Allerdings weist die kongolesische Regierung die Kritik von Natur- und Klimaschützern zurück; für sie ist vorrangig, das Land und seine Wirtschaft zu entwickeln und die Bevölkerung aus der Armut zu führen. Die Demokratische Republik Kongo gehört zu den 5 ärmsten Ländern der Welt. Präsident Tshisekedi kündigte außerdem an, mit dem Erlös aus der Ölförderung die Natur zu schützen. Wenn er dies tatsächlich in die Tat umsetzen würde, wäre das bemerkenswert - es gibt zahlreiche Beispiele aus Afrika, wo sich in ähnlichen Fällen die Eliten bereichert haben und die Bevölkerung noch ärmer geworden ist.
Die Ölreserven des Landes wurden 2016 auf 20 Milliarden Barrel geschätzt, damit läge die Demokratische Republik Kongo in Afrika an zweiter Stelle hinter Nigeria. Der Verkauf der Konzessionen könnte dem Staat bis 600 Millionen Dollar bringen, der zuständige Minister schätzt, dass die Ausbeutung von zwei der geplanten Konzessionen dem Staat Einkünfte von einer Milliarde Dollar monatlich einbringen könnte. In einem Artikel wird sogar vermutet, dass es der kongolesischen Regierung gar nicht darum geht, die Ölreserven auszubeuten, sondern nur die Rechte zu verkaufen. Außerdem könnte die Ankündigung der Auktion dazu dienen, Druck auf die reichen Staaten auszuüben, den Klima- und Biodiversitätsschutz im Kongo mit zusätzlichen Geldern zu unterstützen. Nach der Überzeugung von Experten reichen die beim Glasgower Klimagipfel zugesagten Gelder bei weitem nicht aus, um die angestrebten Ziele zu erreichen.
Das Ende des Virunga-Nationalparks?
Bereits Ende 2007 erteilte die Regierung der Demokratischen Republik Kongo Ölkonzessionen auf 85% der Fläche des Virunga-Nationalparks. Diese Pläne sorgten für heftige Diskussionen, der WWF startete eine Protestkampagne und eine eigene Website wurde gestartet. Die Firma SOCO, die bereits Probebohrungen durchgeführt hatte, gab nach heftigen internationalen Protesten (und dem 2014 auf Netflix veröffentlichten Film "Drillers in the Mist") ihre Arbeit in dem Gebiet auf. Allerdings nur vorläufig; 2017 starteten die Arbeiten wieder, und auch SOCO war indirekt involviert.
In einem Weltnaturerbe ist die Ölförderung nicht erlaubt. Daher hat die kongolesische Regierung bereits angedeutet, dass die betreffenden Gebiete aus dem Nationalpark herausgetrennt werden könnten. Das wäre ein schwerer Schlag für den Naturschutz im Ostkongo, denn der Virunga-Park hat nicht umsonst Weltnaturerbe-Status.
Durch die Aktivitäten verschiedener Rebellengruppen steht der Park ohnehin unter starkem Druck. Erst im Juni hat die Gruppe M23 damit angefangen, massive Angriffe in der Region auszuführen. Die Rebellen haben sich vor allem im südlichen Teil des Parks niedergelassen, wo auch die Berggorillas leben. Dadurch ist die Kontrolle des Parks durch die Wildhüter unmöglich geworden und niemand weiß, wie es den Gorillas geht. Von der kongolesischen Regierung kam der Vorschlag, den Park unter Kontrolle des Militärs zu stellen - falls das tatsächlich passiert, wäre der Schutz des Weltnaturerbes überhaupt nicht mehr gewährleistet.
Angela Meder
Weitere Informationen:
Greenpeace Africa
Bericht von Greenpeace Africa zur Reaktion der Bevölkerung
Karten mit der Lage der Ölkonzessionen usw. bei der Rainforest Foundation
Congo in the Crosshairs: Bericht der Rainforest Foundation mit neuen Karten