Der Usala-Korridor

Kategorien: Ausgabe, Ausgabe 68, Schutzmaßnahmen, D. R. Kongo, Grauergorillas

Das GRACE-Team auf dem siebentägigen Marsch nach Rama (© GRACE)

Es gibt nur wenige so abgelegene Orte im dichten Regenwald des Kongobeckens wie die Gemeinde Rama. Sieben Tage dauert der Fußmarsch dorthin. Wenn wir den Primärwald mit den Gorillas dort erhalten wollen, müssen wir uns beeilen.

Im Dezember 2023 unternahm ein GRACE-Team den anstrengenden Fußmarsch durch den Regenwald, um Vertreter der Gemeinde Rama und der Umgebung zu treffen und die Einrichtung der Usala-Korridor-Waldkonzession mit ihnen zu besprechen. Schon seit einem Jahrzehnt hatte sich Mwami Eric Mwaka Eliba bemüht, dieses Gebiet zu schützen.

Das Kongobecken, das sich über sechs Länder erstreckt, ist mit 1,7 Mio. km² nach dem Amazonasbecken das zweitgrößte tropische Regenwaldgebiet der Erde. Vor allem aber ist es die wichtigste Kohlenstoffsenke - das heißt, es wird mehr Kohlenstoff aufgenommen als abgegeben, was zur Verminderung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre beiträgt.

Zugleich ist das Kongobecken eine der artenreichsten Regionen Afrikas; es beherbergt zahlreiche bedrohte Tiere wie Waldelefanten, Gorillas, Schimpansen, Leoparden, Goldkatzen und anderen. Der Maiko-Nationalpark und das Tayna-Naturreservat, beide im Osten der Demokratischen Republik Kongo gelegen, gelten als sehr bedeutende Schutzgebiete.

Eine Welle der Abholzung rollt vom Osten auf das Tayna-Reservat zu. Diese Veränderung der Landschaft und die damit einhergehende Ausbreitung menschlicher Siedlungen bilden schon jetzt eine unüberwindliche Barriere für Wildtiere zwischen Tayna und dem Virunga-Nationalpark. Wenn die Abholzung im Umfeld des Tayna-Reservats fortschreitet, besteht die Gefahr, dass es isoliert wird, auch vom wesentlich größeren Maiko-Nationalpark. Ein Schutzkorridor kann dem entgegenwirken, und dieser soll im noch weitgehend unberührten Usala-Wald zwischen Maiko und Tayna eingerichtet werden.

GRACE ist seit 2008 mit einer Auffangstation für Grauergorillas in der Gegend präsent. Zwischen den ausschließlich kongolesischen Mitarbeitern und der örtlichen Bevölkerung besteht ein Vertrauensverhältnis, das für die Arbeit zum Schutz von Wald und Tieren unabdingbar ist. Der traditionelle Chef der Region, Mwami Eric Mwaka Eliba, wandte sich an GRACE, UGADEC und das Usala-Gorillareservat und bat um Unterstützung bei der Finanzierung und dem komplexen rechtlichen Prozedere zur Erlangung von Gemeinde-Waldkonzessionen.

Bis vor Kurzem gab es für die Menschen in den ländlichen Gebieten der Demokratischen Republik Kongo keinen verbrieften Besitzanspruch auf von ihnen besiedelten und bewirtschafteten Grund. Somit waren sie stets im Nachteil gegenüber den Interessen mächtiger Holz- und Bergbauunternehmen und zudem in ihrer Existenz gefährdet, weil sie ihre Nahrung und andere Ressourcen aus kleinbäuerlicher Landwirtschaft und dem Wald gewinnen.

Mittlerweile bieten die neu geschaffenen Waldkonzessionen für Gemeinden sicheren Landbesitz - im Gegenzug für nachhaltige Waldbewirtschaftung. Eine solche Konzession kann bis zu 50 000 Hektar groß sein. Der Usala-Schutzkorridor soll aus drei nebeneinander liegenden Konzessionen bestehen.

Für das Projekt wurde ein Katalog mit Bedingungen erstellt, der auf Fairness und Respekt setzt. Er sieht vor, dass die Zustimmung aller vor Ort Betroffenen ohne Druck auf freiwilliger Basis erfolgt, nachdem sie umfassend informiert wurden, beispielsweise im Rahmen öffentlicher Versammlungen.

Das ist keine leichte Aufgabe in einem so großen unzugänglichen Gebiet. Inzwischen haben Teams von GRACE und UGADEC Gemeinden der Usala-Region besucht und mit über 1000 Menschen in Städten und Dörfern gesprochen. Sie wollten die Information nicht einfach verfügbar machen, sondern sie direkt mit den Menschen diskutieren.

Die ersten Versammlungen fanden in Bukucha statt, dem Verwaltungszentrum des Usala-Reservats, das einen Tagesmarsch von der nächstgelegenen Straße entfernt ist. Als sich dabei herausstellte, dass die traditionelle Führung in dem abgelegenen Ort Rama angesiedelt ist, unternahm man eine Reise dorthin, um auch mit den traditionellen Führern zu sprechen.

Das Usala-Korridor-Projekt ist ein nachhaltiger Ansatz zum Schutz der Menschenaffen, wobei die lokale Bevölkerung Landrechte erhält. Es soll einerseits die Interessen der Menschen befriedigen, andererseits aber auch die Fragmentierung der Lebensräume von Gorillas und anderen gefährdeten Tieren verhindern und damit zur Abmilderung des Klimawandels beitragen.

Mark Jordahl