Westliche Flachlandgorillas: neue Zahlen
Kategorien: Ausgabe 37, Bestandsaufnahme, Sonstige Länder, Westliche Flachlandgorillas, Gorilla Journal
Am 5. August 2008 stellte die WCS die Ergebnisse ihrer Gorilla-Bestandsaufnahmen in der nördlichen Republik Kongo vor. In einem 47 444 km² großen Gebiet mit Tiefland- und Sumpfwäldern leben schätzungsweise noch 125 953 Westliche Flachlandgorillas. Diese Zahl liegt weit über der, die bisher für die gesamte Art angenommen wurde.
In den 80er-Jahren gingen Fachleute aufgrund von Bestandsaufnahmen davon aus, dass in den unberührten Gebieten der nördlichen Republik Kongo zahlreiche Westliche Flachlandgorillas lebten. Trotz intensiver Schutzbemühungen nahm der Bestand jedoch in den letzten drei Jahrzehnten dramatisch ab. Durch die zunehmende Abholzung der Wälder wurden unzugängliche Waldgebiete geöffnet, was die Jagd auf Gorillas förderte und die Verbreitung von Ebola unterstützte. Durch Ebola und Wilderei verringerte sich die Zahl der Flachlandgorillas in den letzten 30 Jahren um 50% so dass die Art in der Roten Liste bedrohter Arten als "vom Aussterben bedroht" geführt wird. Westliche Flachlandgorillas kommen vor allem in der Republik Kongo und in Gabun vor.
Seit 1991 arbeitet die WCS zusammen mit der Regierung der Republik Kongo an einem Schutzprogramm für die Gorillas. Zwischen Februar 2006 und Mai 2007 wurden in drei großen Gebieten im Norden des Landes Bestandsaufnahmen durchgeführt: im Ndoki-Likouala-Gebiet, den Batanga-Sümpfen und dem Ngombe-Ntokou-Pikounda-Gebiet.
Das Ndoki-Likouala-Gebiet umfasst 27 970 km² mit zwei geschützten Flächen - dem Nouabalé-Ndoki-Nationalpark und dem Lac-Télé-Gemeindereservat. Im Ndoki-Likouala-Gebiet ist die WCS seit 17 Jahren im Gorillaschutz aktiv. Ziel der Bestandsaufnahme war es hier, die Auswirkungen der Schutzbemühungen auf die Gorillapopulation zu untersuchen.
Die Batanga-Sümpfe sind ein 1029 km² großes Sumpfgebiet mit Raphia-Palmen, das im Westen vom Ndoki-Likouala-Gebiet und im Osten vom Batanga-Fluss begrenzt wird. Vorher hatte hier niemand eine systematische Bestandsaufnahme der Flachlandgorillas durchgeführt.
Das Ngombe-Ntokou-Pikounda-Gebiet umfasst eine Fläche von 18 455 km² mit einer Konzession zum Holzeinschlag und den Ntokou-Pikounda-Wäldern. Im Westen und Norden dominieren Pfeilwurzgewächse, im Osten und Süden gibt es Sumpfwälder. Im Westen liegt auch der Odzala-Koukoua-Nationalpark, in dem im Mai 2005 die letzte große Ebola-Epidemie ausbebrochen ist. Der Gorillabestand im Ngombe-Ntokou-Pikounda-Gebiet wurde ebenfalls bisher nie systematisch erfasst.
Zur Schätzung der Gorillazahlen wurden die Nester entlang von Transekten gezählt und ihr Zustand (neu/zerfallen) festgehalten. Insgesamt legten wir 265 Transekte mit jeweils einer Länge von 2 km in den drei Untersuchungsgebieten zurück. Dabei zählten wir insgesamt 3815 Nester von Menschenaffen; 2550 stammten von Gorillas. Durch Hochrechnung schätzten wir ihre Population auf 125 935 Tiere.
Die Ergebnisse dieser Bestandsaufnahme zeigen, wie wichtig es ist, systematische Zählungen durchzuführen, um Schutzbemühungen richtig zu bewerten. Die Studie verdeutlicht auch die enorme Bedeutung des Gebiets für das Überleben der Westlichen Flachlandgorillas. Viele ihrer Verbreitungsgebiete liegen jedoch außerhalb von geschützten Zonen. Die Schaffung weiterer Reservate wie des geplanten Ntokou-Pikounda-Schutzgebiets sind wichtige Schritte zum langfristigen Erhalt der Population.
Auch die Zusammenarbeit mit der Holzfirma CIB (Congolaise Industrielle du Bois) in der Umgebung des Nouabalé-Ndoki-Nationalparks hat sich als wertvoll erwiesen: Die Konzession erhielt als erste in Zentralafrika das FSC-Zertifikat für nachhaltige Forstwirtschaft; die betroffenen Waldgebiete beherbergen eine große Zahl Westlicher Flachlandgorillas.
Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass es in der Republik Kongo noch intakte Gorillapopulationen gibt - weit größer als bisher angenommen. Die unzugänglichen Wälder von Ntokou-Pikounda und die Batanga-Sümpfe haben bisher das Eindringen von Wilderern verhindert und die Gorillas geschützt. Aber auch im nördlichen Kongo wächst der Druck auf die Wälder, was die Gefahr von Wilderei und einer neuen Ebola-Epidemie erhöht. Trotz der erfreulichen Zahlen für die Gorillapopulation dürfen die Schutzbemühungen nicht nachlassen.
Emma Stokes, Richard Malonga und Hugo Rainey