Bushmeat in der Schweiz?
Kategorien: Ausgabe 48, Bushmeat, Gorilla Journal
Über den Flugverkehr erreicht illegales Fleisch Konsumenten in der ganzen Welt. Einiges Fleisch stammt dabei von Wildtieren – auch von Primaten. Der Handel von Afrika nach Europa, USA, Asien und anderen boomenden Regionen ist ein lukratives Schwarzmarktgeschäft. Es gibt erst eine Studie, die 2010 den Schmuggel von Wildfleisch am Flughafen Charles de Gaulle in Paris untersuchte. Das Ergebnis: Allein über diesen einen Flughafen erreichten schätzungsweise 270 Tonnen Bushmeat pro Jahr den europäischen Markt.
Wir wollten die Situation in der Schweiz erfassen und führten eine vergleichbare Studie durch. Was als Initiative von Tengwood begann, einer Schweizer NGO, entwickelte sich bald zu einer Kooperation mit dem Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich, dem Zoll und den zuständigen eidgenössischen Behörden. Man stellte uns Gewebeproben von mutmaßlichem Bushmeat zur Verfügung, das an den internationalen Flughäfen Zürich und Genf zwischen September 2011 und November 2013 beschlagnahmt wurde. Darüber hinaus konnten wir an Zollkontrollen teilnehmen und Proben von allen beschlagnahmten Fleischfunden nehmen, um so den Bushmeat-Absatz in der Schweiz abzuschätzen.
Nach den Angaben der Passagiere beim Zoll stammten 98,5% des Wildfleisches aus Afrika. Die Hauptlieferanten waren dabei west- und zentralafrikanische Staaten, allen voran Kamerun. Allein - Bushmeat lässt sich oft nur schwer identifizieren, vor allem, wenn es sich um zerlegtes, geräuchertes Fleisch handelt. Leider wird Fleisch routinemäßig im Zoll vernichtet, um das Einschleppen von Krankheitskeimen zu verhindern. Damit gehen aber wichtige Informationen über den Handel mit gefährdeten Arten verloren.
Wir untersuchten das Fleisch daher über die mitochondriale DNA - ein gängiges Verfahren in der Wildtier-Forensik. Rund ein Drittel der Buschfleischfunde stammte von Arten, die nach dem Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen geschützt sind, das heißt auf der CITES-Liste stehen. So fanden wir Primatenfleisch, etwa von Meerkatzen, aber kein Menschenaffenfleisch. Zu den Primaten gehörte die dritthäufigste Cites-gelistete Art (Primaten waren die vierthäufigste Tiergruppe), die wir in unserer Studie nachgewiesen haben. Die häufigste Gattung der CITES-Listen waren Schuppentiere. Ihr Fleisch wird gegessen, findet darüber hinaus aber in der traditionellen Medizin Verwendung. Es gibt Hinweise, dass der asiatische Markt immer mehr auf afrikanische Schuppentiere ausweicht, da die asiatischen Arten bereits stark dezimiert sind. Häufig betroffen waren zudem Ducker, aber auch Landschildköten und Otter. Dazu kamen nicht gefährdete Arten wie Nager, Wildschweinen, Antilopen, Reptilien, Vögel und Wirbellose.
Der Bushmeat-Handel ist damit kein rein afrikanisches Problem. Vielmehr wird die Nachfrage in reichen Regionen zu einer Triebfeder des Schwarzmarkthandels. Natürlich werden auch kleinere Mengen zum privaten Verzehr nach Europa geschmuggelt; es gibt aber Hinweise, dass der weitaus größere Teil illegal gehandelt wird, da sich auf dem europäischen Markt deutlich höhere Preise als in Afrika erzielen lassen. Dabei gilt auch hier: je knapper das Angebot, desto höher die Preise. Damit beginnt für gefährdete, aber gefragte Arten ein gefährlicher Kreislauf.
Nun erhebt sich die Frage, warum afrikanisches Wildfleisch überhaupt in entwickelten Ländern gekauft wird. Zum einen gibt es in diesen Staaten eine wachsende Migrantenschicht, zum anderen kommt der Konsum exotischer Steaks von Antilopen, Kängurus, Löwen oder Krokodilen immer mehr in Mode und wird in speziellen Restaurants und im Internet angeboten. Oft sind die Quellen aber nicht zweifelsfrei nachzuweisen, und so ist ein Missbrauch mit falsch deklariertem Fleisch schwer zu verhindern. Die Strafen für das Schmuggeln von Wildfleisch sind in den meisten Staaten minimal und gehören dringend überarbeitet. Schließlich verschärft der internationale illegale Handel die Situation von ohnehin gefährdeten Arten massiv. Wir hoffen, dass unsere Studie dazu beiträgt, gesetzliche Rahmenbedingungen zu überarbeiten, Strafen zu verschärfen und den Schutz an Grenzen zu verbessern. Denn selbst in die kleine Schweiz gelangen nach vorsichtigen Schätzungen 40 Tonnen Bushmeat pro Jahr.
Kathy L. Wood, Bruno Tenger, Nadja Morf und Adelgunde Kratzer
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