Nahrung der Menschenaffen in Loango
Kategorien: Ausgabe 43, Ökologie, Sonstige Länder, Sonstige Schutzgebiete, Westliche Flachlandgorillas, Gorilla Journal
Wo verschiedene Menschenaffenarten im gleichen Gebiet zusammenleben, müssen sie sich die Nahrung teilen. Sie verfügen über das gleiche Nahrungsangebot; wie sie dieses Angebot nutzen, ist bisher wenig erforscht. Dies haben wir nun in Gabun untersucht.
Vermutlich haben die einzelnen Arten spezifische ökologische Anpassungen entwickelt, die die Nahrungskonkurrenz zwischen ihnen verringert und ein Zusammenleben im gleichen Gebiet ermöglicht. So leben Schimpansen und Gorillas in sehr unterschiedlichen ökologischen Habitaten zusammen, z. B. im Bwindi-Nationalpark in Uganda, im Kahuzi-Biega-Nationalpark der Demokratischen Republik Kongo und im Ebo-Wald in Kamerun.
2005 bauten wir eine Station im Loango-Nationalpark an der Küste Gabuns auf, mit dem Ziel, Westliche Flachlandgorillas und Schimpansen an uns zu gewöhnen, um ihre Nahrungsökologie, die Konkurrenz zwischen den Arten, die Bewegungen der Gruppen und die Sozialstruktur zu erforschen. Der Loango-Nationalpark umfasst ganz unterschiedliche Lebensräume mit ursprünglichen Wäldern und Sekundärwäldern, Mangroven, Sümpfen, Savannen und Küstenwald. Krautige Pflanzen, die in anderen Gebieten Hauptnahrung der Gorillas sind, kommen in unserem 100 km² großen Untersuchungsgebiet nur sehr spärlich vor.
Wir wollten herausfinden, ob in einer solchen Umgebung der Fruchtanteil in der Nahrung von Gorillas höher liegt und ob die Nahrungsüberschneidung zwischen ihnen und Schimpansen, die mehr Früchte fressen, größer ist als in anderen Gebieten. Eine andere Frage war, ob in Loango weniger Gorillas leben als in ernährungsphysiologisch günstigeren Gebieten. Dort gibt es nämlich wenig ballaststoffreiche Pflanzenarten, die Gorillas bevorzugen.
Von 2005 bis 2008 untersuchten wir die Nahrungsverfügbarkeit und die Zusammensetzung der Nahrung beider Menschenaffenarten, vor allem durch Kotanalysen. Wir sammelten täglich Kotproben unter Schlafnestern und entlang der Wanderpfade und brachten sie zum Waschen ins Camp. Nachdem wir das Kotmaterial gesiebt hatten, bestimmten und zählten wir alle Samen, um die Menge und die Arten der Früchte festzuhalten. Außerdem prüften wir jeden Monat 750 Bäume (von 57 verschiedenen Arten), die Schimpansen und Gorillas als Nahrung dienen; wir notierten, welche davon Früchte trugen, und erstellten für jede Menschenaffenart einen monatlichen Fruchtmengen-Index.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass Loango ein anderes jahreszeitliches Fruchtmuster aufweist als andere Gebiete. Während der gesamten Untersuchung standen den Schimpansen mehr Früchte zur Verfügung und sie verzehrten auch mehr Fruchtarten als Gorillas. Beide Arten konsumieren umso mehr Früchte, je mehr – abhängig von der Jahreszeit – vorhanden sind. Um den Mangel an krautigen Pflanzen auszugleichen, verzehren Gorillas in Loango vor allem Blätter verschiedener Pflanzenarten. Der Mangel führt also weder zu verstärktem Fruchtkonsum bei Gorillas, wenn man die Ernährung an anderen Standorten vergleicht, noch zu einer größeren Überschneidung ihrer Nahrung mit der von Schimpansen.
Wir fanden auch heraus, dass Gorillas fetthaltige Früchte meiden, die in Loango ganzjährig in großer Zahl verfügbar sind und von Schimpansen bevorzugt werden. Schimpansen haben also das ganze Jahr regelmäßig Zugang zu Früchten, die die Gorillas nicht interessieren. Möglicherweise bewirkt dieser Unterschied in der Ernährung, dass beide Arten ohne größere Konkurrenz nebeneinander existieren können. Genetische Analysen bestätigen, dass die Gorilladichte in Loango vergleichbar ist mit der in anderen Gebieten. Dies zeigt, dass auch Wälder mit einem recht spärlichen Unterwuchs für Westliche Flachlandgorillas ein attraktiver Lebensraum sein können.
Josephine Head, Christophe Boesch, Loïc Makaga und Martha Robbins